Berufsunfähigkeitsversicherung für Psychotherapeuten und Therapeutinnen – überflüssig oder essentiell?

„Ich höre doch nur zu und stelle Fragen – da kann ich doch locker weiterarbeiten, auch wenn ich körperlich eingeschränkt bin.“ – Lara, 28, approbierte psychologische Psychotherapeutin

Ein häufiger Irrtum unter Therapeut:innen – und ein gefährlicher noch dazu. Denn gerade in einem psychisch fordernden Beruf wie der Psychotherapie ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung nicht nur sinnvoll, sondern essenziell. Warum das so ist und worauf du bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung für Psychotherapeuten achten solltest, erfährst du in diesem Artikel.

Was ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung?

Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) sichert deine Arbeitskraft ab – dein größtes Kapital. Solltest du aus gesundheitlichen Gründen zu mindestens 50 % nicht mehr in der Lage sein, als psychologische:r Psychotherapeut:in zu arbeiten, zahlt dir die BU eine monatliche Rente in der vereinbarten Höhe. Dabei ist es egal, ob die Ursache physischer oder psychischer Natur ist.

Du bekommst deine BU-Rente, solange die Berufsunfähigkeit besteht – maximal bis zum Ablauf der Versicherungsdauer (meist Rentenbeginn) oder bis du eine andere Tätigkeit aufnimmst, die dem Ansehen und Einkommen deines ursprünglichen Berufs entspricht.


Warum werden psychologische Psychotherapeut:innen berufsunfähig?

Die Psyche ist der häufigste Auslöser für Berufsunfähigkeit – und das betrifft ironischerweise auch jene Berufsgruppen, die täglich mit psychisch erkrankten Menschen arbeiten. Laut aktueller Statistik ist mehr als jede dritte BU auf psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Burnout zurückzuführen.

Gerade Psychotherapeut:innen tragen eine enorme emotionale Verantwortung, führen intensive Gespräche und sind oft mit traumatischen Inhalten konfrontiert. Chronische seelische Belastungen, sekundäre Traumatisierung oder Erschöpfungssyndrome sind leider keine Seltenheit. Aber auch andere Gründe wie Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Erkrankungen des Bewegungsapparats sind keine Seltenheit.

Gründe Berufsunfähigkeit 2022

Kurzum: Selbst wenn du körperlich kaum belastet arbeitest, ist dein Risiko keineswegs gering. In Deutschland wird jeder 4. Arbeitnehmer im Laufe seines Lebens berufsunfähig.

Die Erwerbsminderungsrente – staatlicher Schutz mit vielen Lücken

Viele Therapeut:innen vertrauen im Ernstfall auf die gesetzliche Erwerbsminderungsrente – ohne zu wissen, wie lückenhaft sie wirklich ist.

Du erhältst diese nur, wenn:

  • du in den letzten 5 Jahren mindestens 3 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hast,
  • du aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen unter 6 Stunden täglich arbeiten kannst – in irgendeinem Beruf, nicht zwingend in deinem eigentlichen.

Wichtig: Die gesetzliche EM-Rente schützt nicht deinen erlernten oder zuletzt ausgeübten Beruf. Du kannst theoretisch auf einen weniger qualifizierten Beruf (z. B. als Bürohilfskraft) verwiesen werden – auch wenn du approbierte:r Therapeut:in bist.

Dazu kommt: Viele Psychotherapeut:innen arbeiten selbstständig oder sind Mitglied im Versorgungswerk der Psychotherapeutenkammer – und haben damit keinen oder nur eingeschränkten Anspruch auf gesetzliche Leistungen.

Die BU des Versorgungswerks der Psychotherapeutenkammer – ähnlich Lückenhaft wie die EMR

Berufsunfähigkeit liegt somit nicht vor, wenn weiterhin eine Lebensführung, sei sie auch noch so bescheiden, durch eine Tätigkeit als Psychotherapeut sichergestellt werden kann.

Versorgungswerk der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen, Stand 06/2025

Dieses Zitat stammt aus einem PDF des Versorgungswerks der Psychotherapeutenkammer NRW. Hier wird sehr schnell deutlich, dass die BU des Versorgungswerks keine Leistung ist, die einem im Krankheitsfall ein ausreichende finanzielle Absicherung zusagt. Sie bringt lediglich ein absolutes Mindestmaß an Absicherung. Hier gilt das Alles-oder-Nichts-Prinzip oder mit anderen Worten: Du musst du 100% berufsunfähig sein, um Anspruch auf die Leistung aus dem Versorgungswerk zu haben. Darüber hinaus kannst du die Höhe der BU-Rente nicht beeinflussen. Sie hängt – ähnlich wie die EMR – davon ab, wie viele Jahre und in welcher Höhe du Beiträge ins Versorgungswerk geleistet hast. Sie wird aber auch keinen Fall ausreichen, um deine Lebenshaltungskosten zu decken.

Hier kannst du das komplette PDF der Therapeutenkammer NRW einsehen:

Warum die BU-Versicherung für Psychotherapeut:innen unverzichtbar ist

Die Absicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit durch die gesetzliche Rentenversicherung (=Erwerbsminderungsrente) und das Versorgungswerk ist schlichtweg unzureichend. Zum einen ist die Höhe der versicherten BU-Rente nicht ausreichend. Zum anderen sind die Hürden, die Rente überhaupt ausgezahlt zu bekommen, zu hoch. Die private Berufsunfähigkeitsversicherung für Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen ist daher unverzichtbar.

Vorteile der privaten BU:

  • Leistung schon bei teilweiser Berufsunfähigkeit (ab 50 %)
  • Schutz deiner tatsächlichen beruflichen Tätigkeit, nicht irgendeiner anderen (Stichwort: Verweisungsrecht)
  • Freie Wahl der Rentenhöhe
  • Leistungsanspruch ab dem ersten Tag
  • Schutz unabhängig vom Versorgungswerk oder gesetzlicher Rentenversicherung

Gerade für selbstständige Therapeut:innen ist die BU oft die einzige ernstzunehmende Absicherung bei Berufsunfähigkeit.

Wie hoch sollte deine BU-Rente sein?

Die Faustregel: Sichere mindestens dein Nettoeinkommen ab. Oft höre ich: „So viel brauche ich doch gar nicht, wenn ich krank bin.“ Aber:

  • Du musst weiterhin Miete oder Kreditraten zahlen
  • Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung trägst du im Leistungsfall selbst (Ca. 20% der BU-Rente)
  • Fixkosten wie Versicherungen, Lebensmittel, Mobilität bleiben bestehen
  • Kinderbetreuung oder Haushaltshilfen können notwendig werden

Rechne zusätzlich damit, dass du während einer Berufsunfähigkeit keine Beiträge mehr in deine Altersvorsorge zahlst – was eine große Rentenlücke nach sich ziehen kann. Auch hierfür sollte also genug Puffer eingerechnet werden.

Eine zu niedrig gewählte BU-Rente kann später existenzbedrohend werden. Insbesondere, wenn du die Verantwortung nicht nur für dich selbst, sondern auch für Kinder trägst, solltest du dich auf keinen Fall unterversichern.

Die Gesundheitsprüfung – Pflicht, nicht Kür

Vor Abschluss deiner BU musst du eine Gesundheitsprüfung durchlaufen. Dabei gibst du Auskunft über relevante Vorerkrankungen – in der Regel der letzten 5 Jahre (ambulant) bzw. 10 Jahre (stationär, psychisch, schwerwiegend).

Das betrifft auch psychische Vorerkrankungen. Viele Versicherungen stufen selbst leichte depressive Episoden, Prüfungsängste oder Psychotherapie in der Ausbildung als risikorelevant ein. Deshalb ist hier größte Sorgfalt geboten.

Tipp: Fordere vorab bei deiner Krankenkasse oder Kassenärztlichen Vereinigung eine Übersicht deiner abgerechneten Diagnosen an. So lässt sich deine Gesundheitshistorie strukturiert aufarbeiten.

Da du als Laie kaum in der Lage bist zu differenzieren, was risikoerheblich ist und was nicht, solltest du die Gesundheitshistorie mit einem Profi zusammen durchgehen. Und bitte lasse dich dabei auf keinen Fall in die „Das ist nicht so wichtig, das geben wir nicht an“-Falle ziehen. Im Zweifelsfall gilt: Lieber zu viel angeben, als zu wenig.

So manch ein Vermittler (nicht selten aus den größeren Strukturvertrieben) rät auch gerne: Kreuze einfach überall nein an, das prüft eh niemand. Sollte das in deiner Beratung der Fall sein, nimm die Beine unter die Arme und renn, so schnell du nur kannst.

Falschangaben? Bloß nicht!

Ein häufiger (und leider gefährlicher) Tipp mancher Vermittler:innen: „Kreuz einfach überall Nein an.“ Das kann im Leistungsfall zur kompletten Leistungsverweigerung führen – selbst noch Jahre nach Vertragsabschluss. Versicherer haben in diesem Fall das Recht, vom Vertrag zurückzutreten oder die Leistung zu verweigern.

Mein Rat: Offen und sauber arbeiten – auch wenn es aufwendiger ist. Nur so hast du langfristig wirklich Sicherheit. Wenn du unsicher bist, hol dir Hilfe. Zum Beispiel bei mir…


Wichtige BU-Klauseln für Psychotherapeut:innen

Damit du im Ernstfall gut abgesichert bist, achte auf diese Klauseln:

1. Beitragsdynamik:
Erhöht deine BU-Rente jährlich automatisch, solange du gesund bist und Beiträge zahlst – wichtig, um mit der Inflation Schritt zu halten. Mehr dazu kannst du hier lesen:

2. Leistungsdynamik:
Erhöht deine Rente auch während des Bezugs, damit dein Lebensstandard erhalten bleibt. Schließlich sollst du auch bei langfristiger oder dauerhafter Berufsunfähigkeit gut abgesichert sein. Und das auch in 20 Jahren noch, wenn der Cappuccino 8 € kostet.

3. AU-Klausel (Leistung bei Arbeitsunfähigkeit):
Leistung schon bei durchgehender Krankschreibung über 6 Monate – ohne langes BU-Gutachten. Die Details findest du hier:

4. Nachversicherungsgarantie:
Du kannst deine BU-Rente später ohne neue Gesundheitsprüfung erhöhen – z. B. bei Praxisgründung, Geburt eines Kindes oder Gehaltssteigerung. Das ist besonders wichtig, weil sich dein Gehalt im Laufe deiner Karriere noch deutlich erhöhen wird. Damit du auch perspektivisch ausreichend hoch versichert sein kannst, sind gute Nachversicherungsgarantien elementar wichtig. Worauf es dabei ankommt, liest du hier:

5. Auslandsregelung:
Wichtig, wenn du im Ausland lebst oder planst, dort tätig zu sein. Zwar hast du grundsätzlich auch Anspruch auf die Leistung, wenn du im Ausland lebst. Allerdings können die meisten Versicherer von dir verlangen, dass du für die ärztliche Begutachtung nach Deutschland kommen musst. Je nach Gesundheitszustand und Aufenthaltsort kann das eine echte Herausforderung werden. Aber: ohne Gutachten keine Leistung.

5. Teilzeitklausel:
Familie, Job, Partnerschaft, Freund:innen – das alles unter einen Hut zu bringen ist gar nicht so einfach. Das Thema Work-Life-Balance wird für die meisten, vor allem jungen, Menschen immer wichtiger. Damit einher geht häufig eine Teilzeitbeschäftigung.

Was sich für dein Privatleben grundsätzlich positiv auswirkt, kann in der BU ein Leistungskiller sein. Warum? Das können wir nachrechnen:

Die BU leistet dann, wenn du deine Tätigkeit zu mind. 50% nicht mehr ausführen kannst. Brechen wir das ganz vereinfacht dargestellt auf deine wöchentliche Arbeitszeit runter sieht das bei einer Vollzeitstelle wie folgt aus:

40 Stunden x 0,5 = 20 Stunden, die du maximal noch arbeiten können darfst, um Anspruch auf die BU zu haben.

In Teilzeit stellt es sich wie folgt dar:

30 Stunden x 0,5 = 15 Stunden, die du maximal noch arbeiten können darfst, um Anspruch auf die BU zu haben.

Nun liegt ein ärztliches Gutachten vor, das ergeben hat, dass du mit deiner Erkrankung noch 3,5 Stunden am Tag, als 17,5 Stunden pro Woche arbeiten kannst.

Hast du bisher in Vollzeit gearbeitet, wärest du BU und würdest die Rente bekommen, weil 18,5 Stunden weniger als 50% deines bisherigen Arbeitsumfangs entspricht. Hast du in Teilzeit mit 30 Stunden gearbeitet, würdest du keine BU-Rente ausgezahlt bekommen. Und das bei gleicher vorliegender Erkrankung.

Unfair, oder? Mit einer guten Teilzeitklausel kannst du diese Benachteiligung aber ausgleichen. Mehr dazu:


Besonderheiten für selbstständige Psychotherapeut:innen – die Umorganisationsklausel

Viele Psychotherapeut:innen arbeiten in eigener Praxis – allein oder im Verbund. Deshalb solltest du besonders auf die Umorganisationsklausel achten. Sie erlaubt dem Versicherer, zu prüfen, ob du durch Umstrukturierung (z. B. Delegation von Aufgaben) weiterarbeiten könntest. Ist das theoretisch möglich, hast du keinen Anspruch auf deine BU-Rente.

Hier ist eine gute Vertragsgestaltung entscheidend: Achte darauf, dass du nicht durch unrealistische Anforderungen in deiner Berufsunfähigkeit „ausgehebelt“ wirst. Einige Anbieter verzichten bei bestimmten Berufsgruppen oder bestimmten Praxisformen auf die Prüfung der Umorganisation.


BU-Beratung für psychologische Psychotherapeut:innen

Die Wahl der richtigen BU ist eine der wichtigsten finanziellen Entscheidungen deiner beruflichen Laufbahn – vor allem in einem anspruchsvollen und vulnerablen Beruf wie der Psychotherapie. Ich helfe dir dabei, eine wirklich passende Absicherung zu finden – verständlich, empathisch und auf Augenhöhe.

Du bist noch in Ausbildung oder arbeitest bereits als Therapeut:in? Buche dir gern ein kostenfreies Kennenlerngespräch – gemeinsam finden wir heraus, wie du dich langfristig sicher und sinnvoll absicherst.

die Versicherungspsychologin

Sandra Möbius

Ich stehe dir mit Rat und Tat zur Seite, wenn es um das Thema Versicherungen geht. Auf Augenhöhe, mit Herz und Verstand. Abgestimmt auf deine persönlichen Wünsche und Bedürfnisse.

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